Meine Diplomarbeit

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Kunst als Medium der seelischen Begegnung  

Visuelle Kommunikation’ in der sozialen Integration von geistig beeinträchtigten Menschen 

Luca Imhasly

Kurs 62

2.Ausbildungsjahr

Abgabe der Diplomarbeit im 3. Ausbildungsjahr 

2010-2013

Höhere Fachschule für Sozialpädagogik Lausanne 

hsf-L

Stiftung Clair-Val

Autor: Luca Imhasly,15.09.1980, Fiesch

Höhere Fachschule für Sozialpädagogik Lausanne, hfs-L

Erklärung:

Die in der Diplomarbeit vertretenen Ansichten werden vom Autor verantwortet und müssen sich nicht mit der von der hfs-L vertretenen Ansichten decken.

Danksagung

Für die geduldige und tatkräftige Unterstützung in den verschiedenen Phasen der Fertigstellung dieser Arbeit bin ich folgenden Personen zu Dank verpflichtet. Für die nie limitierte Bereitschaft zur Diskussion und Kritik danke ich an erster Stelle meinen Eltern, Heinz und Renate; ebenso Sandro Imhasly, Damian Schmidt und Steiner Brigitte, die freundlicherweise meine Arbeit auf orthographische Mängel hin gelesen haben und die mir in der wissenschaftlichen Überarbeitung stets zur Seite standen. Und natürlich meinem Coach Erich Jakob für die ausdauernde und intensive Betreuung meiner Diplomarbeit. Last but not least danke ich aber vor allem auch allen Künstlern und Künstlerinnen, deren grossartige Zeichnungen zum Gelingen meiner Diplomarbeit einen grossen Beitrag geleistet haben. 

Abstract

In der heutigen sozialpädagogischen Praxis werden Therapiemassnahmen im visuell-gestalterischen Bereich häufig mit dem Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ umschrieben, also im Sinne einer vielgestaltigen und kreativen Kommunikation mit Menschen mit geistiger Beeinträchtigung über visuelle Abstraktionen, Darstellungsmittel und kreatives Arbeiten. Als besondere Form der ‚Visuellen Kommunikation’ wird dem bildnerischen Gestalten – das einen Hauptaspekt meiner beruflichen Tätigkeit bildet – in dieser Arbeit zwar ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Dass aber die Möglichkeiten und Chancen einer derart breit aufgefassten ‚Visuellen Kommunikation’ mit Behinderten vielfältig und äusserst erfolgsversprechend sind, soll in dieser Arbeit ausführlich dargestellt werden. Das Ziel dieser Arbeit ist es also, ein möglichst reichhaltiges Panorama über Ansätze, Formen und Chancen der ‚Visuellen Kommunikation’ in der sozialpädagogischen Therapie und Praxis abzubilden. 

Vorab wird die ‚Visuelle Kommunikation’ aus theoretischer Perspektive besprochen. Die historische Entwicklung des Begriffs und die Erklärungsansätze sollen hier ebenso berücksichtigt werden, wie der Bezug zur Kommunikationstheorie und zu alternativen Kommunikationsformen in der sozialpädagogischen Arbeit, namentlich der ‚Unterstützten Kommunikation’. 

Im Vordergrund steht jedoch die praktische Anwendbarkeit der ‚Visuellen Kommunikation’. Zum einen visualisierte Abstraktionen, etwa Piktogramme, die als Hilfestellungen in der sonderpädagogischen Praxis von grossem Nutzen sind. Ebenso wird auf das Zeichnen und Malen, den ‚Sachorientierten Kunstunterricht’ und die ‚basal’ orientierte Erziehung detailliert eingegangen. Besondere Aufmerksamkeit wird hierbei jeweils dem sinnlichen und körperlichen Erleben geschenkt; ebenso werden das Alter und die individuelle Motorik der Klienten als stets zu berücksichtigende Faktoren diskutiert. Die praxisnahe Betrachtung wird ergänzt durch die Schilderung eines Projekts in meiner alltäglichen Arbeit mit Behinderten, nämlich die Entstehung eines Bilderbuches, das illustrierend die Möglichkeiten visueller Kommunikationsformen aufzeigen soll. 

Darauf aufbauend und im Anschluss an die Thesen von Saskia Schuppener und Georg Theunissen wird schliesslich dargestellt, wie die „Künstlerrolle“ und überhaupt die Selbstwahrnehmung als gestaltendes Individuum förderlich auf das Selbstbild von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung wirken. Am Beispiel der ‚Aussenseiterkunst’ – die als Idealmodell der Wertschätzung des kreativen Schaffens von geistig Beeinträchtigten gelten kann – werden positive Effekte und Potentiale des kreativ-künstlerischen Schaffens im Rahmen der therapeutischen Arbeit aufgedeckt. Eine auf dieser Grundlage geförderte Identitätsentwicklung geht schliesslich einher mit einem gesunden Selbstbewusstsein – also ein fundamentaler Baustein für das Leben in der Gruppe und der Gesellschaft. 

Letztendlich wird also gezeigt, dass die ‚Visuelle Kommunikation’ in der sozialpädagogischen Praxis eine integrative Fördermassnahme von unschätzbarem Wert sein kann. Die Chancen und Möglichkeiten zur Anwendung der ‚Visuellen Kommunikation’ insbesondere für die gesellschaftliche Integration der Klienten werden am Beispiel zeitgemässer Integrationstheorien abschliessend und übergreifend noch mal verdeutlicht. 

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung……………………………………………………………………………………………………………. 1

1.1 Fragestellung………………………………………………………………………………………………………. 2

1.2 Vorgehen und Aufbau der Arbeit………………………………………………………………………….. 3

1.3 Anmerkungen zur Literatur………………………………………………………………………………….. 3

2. Über die ‚Visuelle Kommunikation’ (VK): Begriff, Historie und Ausprägungen… 4

2.1 VK in der Kunstpädagogik: Geschichte und Anspruch………………………………………….. 4

2.2 VK als „ästhetische Erziehung“: Formen und Ansätze…………………………………………… 5

2.3 VK im Kontext der Kommunikationsmodelle…………………………………………………………. 7

2.4 ‚Unterstützte Kommunikation’ als VK: Alternative Kommunikationsformen ……………. 9

2.5 Zwischenfazit…………………………………………………………………………………………………….. 11

3. Kunst und Therapie: Praktische Ansätze zur therapeutischen Anwendung der ‚Visuellen Kommunikation’       11

3.1 Vom Piktogramm zur ‚bildenden Kunst’: Künstlerisch-kreatives Schaffen in der Sozialpädagogik           11

         3.1.1 Piktogramme:  Kommunikation mit Zeichen und Symbolen……………………… 12

         3.1.2 Zeichnen und Malen………………………………………………………………………………. 13

         3.1.3 Sachorientierter Kunstunterricht……………………………………………………………… 13

         3.1.4 Basal orientierte Erziehung…………………………………………………………………….. 14

3.2 Effekte der ‚Visuellen Kommunikation’ auf das sinnliche und körperliche Erleben… 15

3.3 Individualbetreuung: Das Alter und die Motorik als zu berücksichtigende Faktoren. 16

3.4 Exkurs: Die Entstehung eines Bilderbuches – Impressionen aus der Praxis ………… 17

4. Selbstwahrnehmung und Identität: ’Visuelle Kommunikation’ als Medium der

    seelischen Begegnung……………………………………………………………………………………… 19

4.1 Identität, geistige Beeinträchtigung und künstlerisch-kreatives Arbeiten………………. 19 

4.2 Empirische Untersuchungen über den Einfluss künstlerisch-kreativen Schaffens 

auf das Selbstbild geistig Beeinträchtigter………………………………………………………………… 20

4.3 Von der Aussenseiterrolle zur Aussenseiterkunst:  ‚Art Brut’ und Möglichkeiten der künstlerischen Identitätsbildung   21 

5. ‚Visuelle Kommunikation’ als Mittel zur sozialen Integration: Machbarkeit und Grenzen      24

5.1 Das 3- stufige Kontakt- und Integrationsmodell…………………………………………………… 24   

5.2 Wege und Ziele der sozialen Integration…………………………………………………………….. 25

5.3 Von der Normalisierung hin zur Inklusion……………………………………………………………. 26

5.4 Künstlerisch-kreative Arbeit als soziales Integrationsmittel: Potentiale und Grenzen 27

6. Fazit…………………………………………………………………………………………………………………… 28

7. Bibliographie…………………………………………………………………………………………………….. 30

8. Anhang………………………………………………………………………………………………………………. 32

1. Einleitung

Am Anfang ist die Idee

Schon seit längerer Zeit befasse ich mich intensiv mit Fragestellungen hinsichtlich der Kreativität und Ästhetik im Bildnerischen Gestalten sowie den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in der ‚Visuellen Kommunikation’. Sei es in der alltäglichen, beruflichen Arbeit in sozialpädagogischen Institutionen während verschiedener Praktika, oder aber auch in theoretischer Weise, also in der vorrangigen Beschäftigung mit wissenschaftlichen Abhandlungen kunstgeschichtlicher und sonderpädagogischer Natur. Die praktischen Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem alltäglichen Kontakt mit Menschen mit geistiger Behinderung und das gemeinsame Zeichnen, Malen, Collagieren und Plastizieren waren in Kombination mit der fortdauernden theoretischen Auseinandersetzung eine ständige Quelle der Inspiration. 

Den unmittelbaren Anlass, dem Thema ‚Visuelle Kommunikation’ nachzugehen, gab mir allerdings ein Praktikum im kreativen Bereich der Institution ‚insieme oberwallis’, das ich nach meiner Ausbildung zum diplomierten Master of Novel-Grafik-Designer absolviert habe. Während der Praktikumszeit initiierte ich ein Kreativprojekt mit den Bewohnern[1], das die gemeinsame Gestaltung eines Bilderbuchs für Kinder zum Ziel hat, in dem eindrücklich das kreativ-künstlerische Schaffen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen dokumentiert wird. (Vgl. Anhang)

Während der gemeinsamen Arbeit am Bilderbuch konnte ich insbesondere beobachten, welch positiven Einfluss dies auf die soziale Teilhabe der Klienten und überhaupt das gesellschaftliche Geschehen und Erleben in der Kreativabteilung der ‚insieme Oberwallis’ hatte. 

So ermöglichte das Schaffen im Bereich der ‚Visuellen Kommunikation’ den Klienten stets Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis und eröffnete ihnen nicht selten neue Einsichten über sich selbst und ihre Rolle in der Gruppe. Die kreative Arbeit vor dem Hintergrund der ‚Visuellen Kommunikation’ hat also eine stark ausgeprägte soziale und pädagogische Dimension und geht schliesslich auch in heilpädagogische und therapeutische Bereiche und Hilfestellungen über. Eine weitere Komponente solcher Gestaltungsprozesse ist aber auch dadurch gegeben, dass sich aus dem unmittelbaren Erleben – ob allein oder mit anderen zusammen – auch eine Begegnung mit Kunst entwickeln kann. Das kreative Schaffen und dessen künstlerische Ergebnisse zeugen dabei von zufälligen oder beabsichtigten bildnerischen Ereignissen und Geschehnissen – immer geprägt vom gestaltenden Ich, seinem Willen, seinen Gefühlen, seinen spontanen Einfällen oder eher planenden Eingriffen. Auf diese Weise wird Empathie geweckt, ein erstes Verstehen möglich und ein Zugang zur Kunst, aber auch zu anderen Individuen und der Gesellschaft eröffnet. 

In den letzten Jahren lässt sich denn auch ein anwachsendes Interesse an der kreativen Tätigkeit von Menschen mit einer geistigen Behinderung beobachten. Lange Zeit blieb diesen Menschen eine kulturelle Betätigung verschlossen; ein solches Tätigsein wird jedoch immer selbstverständlicher. Ausstellungen, Workshops, Kultur- und Gestaltungsprojekte von und mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen werden verstärkt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Menschen mit einer geistigen Behinderung werden oft an ihren Defiziten gemessen, nicht aber an ihren Stärken und Ressourcen. Sie wohnen und arbeiten in der Regel in besonderen Institutionen und bleiben daher der Gesellschaft weitgehend entzogen. Erwachsene Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung bleiben oft ‚grosse Kinder’, in ihren Familien wie auch in den Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsentfaltung werden ihnen nur in beschränktem Masse zuteil. Vor diesem Hintergrund bieten besonders die kreativen Potentiale der Betroffenen weitere Entwicklungsmöglichkeiten an. 

In dieser Arbeit werde ich daher aufzeigen, wie Menschen mit besonderen Bedürfnissen durch ihr eigenes, begleitetes oder unterstütztes kreatives Schaffen in die Gesellschaft miteinbezogen werden, sprich, wie mittels ‚Visueller Kommunikation’ soziale Integration ermöglicht wird.

1.1 Fragestellung

Aus der Einleitung ergibt sich demnach folgende Fragestellung: 

  • Was versteht man unter dem Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’?
  • Welche kreativ-künstlerische Methoden finden im Bereich der ‚Visuellen Kommunikation’ Anwendung und welche pädagogischen und therapeutischen Verfahren, Mittel und Interventionsmöglichkeiten sind hierbei von Bedeutung?
  • Welche Möglichkeiten und Chancen eröffnet die ‚Visuelle Kommunikation’ in der Selbsterfahrung, der sozialen Interaktion zwischen und mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen? Und im Gegenzug: Wo sind ihr Grenzen gesteckt? 

Die übergreifende und leitende Kernfrage, welche dieser Diplomarbeit zugrunde liegt, lautet also:

Wie und mit welchen therapeutischen Interventionsmöglichkeiten und Hilfestellungen kann vor dem Hintergrund der ‚Visuellen Kommunikation’ erwachsenen Menschen mit besonderen Bedürfnissen die Integration ins gesellschaftliche Leben erleichtert werden?

1.2 Vorgehen und Aufbau der Arbeit 

Die vorliegende Literaturarbeit gliedert sich – entsprechend der Fragestellung – in vier grosse, übergeordnete Kapitel und Themenkomplexe. Nachdem im ersten Kapitel Einleitung sowie Fragestellung und das Vorgehen erläutert werden, soll im zweiten Kapitel in einem ersten Schritt der Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ ausdefiniert werden. So soll ihr historischer Hintergrund als Therapieform und ihre Ausprägungen in der Sozialpädagogik ausführlich dargestellt werden. Auch unter Beachtung der bekannten Kommunikationsmodelle und alternativer Kommunikationsmittel in der therapeutischen Praxis, die zur Erhellung der therapeutischen Wirkungsweise der ‚Visuellen Kommunikation’ beitragen sollen. 

Der Hauptfokus der Arbeit liegt allerdings auf den nachfolgenden drei Kapiteln, in denen die praktische Anwendbarkeit der ‚Visuellen Kommunikation’ und ihre Möglichkeiten in der sozialpädagogischen Praxis ausführlich beleuchtet werden.  

Im Kapitel 3 stehen demnach die konkreten Anwendungsformen und die therapeutischen Ansätze der ‚Visuellen Kommunikation’ im Zentrum. Hierbei werden insbesondere visuelle Abstraktionen und Gestaltungsmöglichkeiten stets auch als seelische Begegnungsstätten und als soziales Handeln verstanden. 

Im Kapitel 4 wird darauf aufbauend der Einfluss der ‚Visuellen Kommunikation’ – und besonders des bildnerischen Gestaltens – auf das Selbstbild, die Identitätsbildung und die soziale Interaktion der geistig Beeinträchtigen diskutiert. Dies auch unter der Berücksichtigung des historischen Aspekts der ‚Aussenseiterkunst’, die aufzeigt, wie sich die ästhetische Bildergestaltung mit geistig Beeinträchtigten seit ihren Anfängen entwickelt hat und die besonders gut zur Geltung bringt, worin der künstlerische, aber auch kulturell-gesellschaftliche Wert des bildnerischen Gestaltens in diesem Zusammenhang liegt. 

Im fünften und letzten Kapitel wird schliesslich übergreifend dargestellt, wie sich die ‚Visuelle Kommunikation’ neben der kreativen Schulung auch auf die Integration von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung in der Gesellschaft auswirken kann. Es wird erläutert, wie die ‚Visuelle Kommunikation’ als ‚seelische Begegnung’ mit geistig beeinträchtigten Menschen bzw. auch als gesellschaftliches Handeln verstanden werden kann und worin die Möglichkeiten und Chancen, aber auch die Grenzen dieser Therapieform vor dem Hintergrund der sozialpädagogischen Integrationsmodelle liegen. Dargestellt wird schliesslich also, wie sich die ‚Visuelle Kommunikation’ als seelische und kreative Ausdruckform der Klienten schliesslich mit Integrationsmassnahmen verbindet. Im Anhang findet die Arbeit im Fazit mit einigen zusammenfassenden Betrachtungen ihren Abschluss.

1.3 Anmerkungen zur Literatur  

Neben der Schilderung eigener Erfahrungen und Anschauungen ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur für diese Arbeit wesentlich. Die wissenschaftlichen Abhandlungen von Georg Theunissen, Saskia Schuppener, Christian Seibezeder und Anita Portmann, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem bildnerischen Schaffen von Menschen mit einer geistigen oder auch psychischen Behinderung auseinandersetzen, waren für die Abfassung dieser Arbeit grundlegend. Besonders Theunissens wegweisendes Standardwerk „Kunst und geistige Behinderung“ sowie die höchst aufschlussreichen Beiträge von Schuppener und Seibezeder, die sich praxisnah und aus sozialpädagogischer Perspektive mit der ‚Visuellen Kommunikation’ auseinandersetzen, haben mich gelehrt, dass künstlerische Qualifikation und kreatives Schaffen kaum an Normalität – oder was darunter in der Gesellschaft verstanden oder dazu erklärt wird – gebunden ist. 

2. Über die ‚Visuelle Kommunikation’: Begriff, Historie und Ausprägungen 

Die folgende, keinesfalls auf Vollständigkeit beharrende Überblicksdarstellung über Ansätze, die historischen Wurzeln und Ausprägungen der ‚Visuellen Kommunikation’ soll als Einstieg in die Diplomarbeit dienen und das Verständnis der nachfolgenden Themenkomplexe  erleichtern.

Je nach Fachliteratur trifft man auf verschiedene, teils sehr weit gefasste Definitionen der ‚Visuellen Kommunikation’. Wie in der Einleitung bereits ersichtlich, verbinden sich hierbei jeweils verschiedene Aspekte der ästhetischen Kunst, der Kommunikation, der Sozialpädagogik sowie der therapeutischen Massnahmen zu einem Medium, das der ‚Visuellen Kommunikation’. 

2.1 ‚Visuelle Kommunikation’ in der Kunstpädagogik: Geschichte und Anspruch 

In der Kunstpädagogik und in der bildenden Kunst wird der Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ heute zumeist folgendermassen definiert: „Planung, Realisierung und Vermittlung von sichtbar gemachter Information.“[2]

In einem erweiterten Sinn lässt sich die ‚Visuelle Kommunikation’ demnach anderweitig auch als nonverbale Kommunikation durch Symbole, Schrift und Zeichen beschreiben.[3] Diese absichtlich breit gefasste Definition soll die beinahe unerschöpflichen Möglichkeiten der visuellen Gestaltung aufzeigen und den grenzenlosen Mitteln und Darstellungsformen gerecht werden – was in der Frühphase der ‚Visuelle Kommunikation’ euphorische Zustimmung unter den Pädagogen und im Kunstunterricht fand. So erfasst etwa Abraham Moles rückblickend die Aufbruchstimmung in der Gründungsphase der ‚Visuellen Kommunikation’:  

     „Doch nun öffnet sich ein neues Universum für unsere Kunst des Vermittelns und Überredens, für unsere Technik der Kommunikation zwischen Wesen und Dingen, für unsere Sprache.“[4]

Der Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ an sich fand dabei schon 1970 in der Bundesrepublik Deutschland als „Gegenmodell“ zum Fach ‚Kunst’ Verwendung und wurde schon damals als ganzheitliche Erziehung im ästhetischen Bereich verstanden – vor allem als Abgrenzung gegenüber der streng autoritären „Kunsterziehung“ und dem traditionellen „Kunstunterricht“.[5] ‚Visuelle Kommunikation’ wurde hierbei von Beginn an ebenso als ein „wegweisendes Konzept“ für den Kunstunterricht in Sonderschulen verstanden, wobei das übergeordnete Ziel dieser Lehrmethode stets der ‚visuellen Erziehung“ der (lern-) behinderten Schüler galt.[6] Eine so erfahrene „Ich-Stärkung“ sollte die Schüler dann auch zu einem gesunden Widerstand gegen die optische Verführungskraft verschiedenartigster Medien befähigen.[7]

Dies war umso dringender nötig, als das Fehlen von „medienpädagogischen Bemühungen“ im traditionellen Kunstunterricht, aber auch überhaupt in der schulischen Ausbildung deutlich wurde.[8] Dadurch erlangte die ‚Visuelle Kommunikation’ als didaktisches Mittel schon früh auch über den sonderpädagogischen Bereich hin Aufmerksamkeit. Bis heute, in der Zeit von Internet, Massenmedien und virtueller Reizüberflutung, hat die ‚Visuelle Kommunikation’ als Unterrichtsmethode denn auch kaum etwas von ihrer Bedeutung eingebüsst. Die (kritische) Auseinandersetzung mit Motiven der Alltagswelt, insbesondere der Pop- und Medienkultur, ist demnach ein zentrales Anliegen der ‚Visuellen Kommunikation’. [9]

2.2 ‚Visuelle Kommunikation’ als ‚ästhetische Erziehung’: Formen und Ansätze  

‚Visuelle Kommunikation’ wird in der Sozialpädagogik vielfach auch mit dem Begriff der „ästhetischen Erziehung“ umrissen.[10] Der Unterricht unter dem Leitkonzept der ‚Visuellen Kommunikation’ beschäftigt sich daher mit der visuellen Informationsvermittlung in ihrer Gesamtheit und ist keineswegs reduziert auf bestimmte künstlerische Verfahren, Inhalte oder Medien. Dementsprechend ist der Begriff der ‚Visuelle Kommunikation’ auch nicht deckungsgleich mit der Vermittlung von künstlerischen Methoden im Bereich der bildenden Kunst oder der klassischen Kunstpädagogik. Der Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ umfasst neben Verfahren der bildenden Kunst – insbesondere der darstellenden Künste und des bildnerischen Gestaltens – ausdrücklich die Beschäftigung mit sämtlichen „visuellen Objekten“.[11]  So gerieten viel mehr sämtliche Visualisierungen der Alltagswelt in den Fokus der ‚Visuellen Kommunikation’ und die umfassende Beschäftigung mit Alltagsobjekten und Alltagsmedien wie z.B. Comics, Werbeplakaten, Zeitschriften, Warenverpackungen, Fernsehen und schliesslich Film gehörte schon früh zum Standardrepertoire der ‚ästhetischen Erziehung’.[12]

Im engeren Sinn wird in der Fachliteratur allerdings stets von alltäglichen Erfahrungen ausgegangen und die ‚Visuelle Kommunikation’ als Erlebnismedium verstanden. Dazu meint etwa Schuppener, dass die Beschäftigung mit bildnerischen Gestaltungsmöglichkeiten und Verfahren überhaupt den „Kontakt zur Realität“ verstärkt.[13]Durch die praktische Beschäftigung mit gestalterischen Mitteln und der Umsetzung von gestalterischen Ideen in ein künstlerisches Objekt soll also der Realitätsbezug der Menschen mit geistigen Einschränkungen gefördert werden.[14] Demnach soll die Verarbeitung von Bildinhalten gleichzeitig in eine Auseinandersetzung mit Themen und Begebenheiten der Lebenswirklichkeit übergehen.[15]

Die ‚Visuelle Kommunikation’ beschränkt sich also keinesfalls nur auf das Graphische Design oder das bildnerische Gestalten unter Zuhilfenahme verschiedenster Medien  – das weitläufig auch als „Mediendesign“ bekannt ist[16] – sondern hebt die kommunikative Ebene stark hervor. Vor allem die körperliche und / oder seelische Begegnung spielt in der ‚Visuellen Kommunikation’ eine wesentliche Rolle. Insbesondere im Hinblick auf die sozialpädagogische Arbeit und damit in der Betreuung von Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen bzw. ‚besonderem Förderbedarf’. 

So wird in allen Ansätzen der ‚Visuellen Kommunikation’ der Ausdruck und das Schaffen sozialer Beziehungen zumindest ausführlich thematisiert und bisweilen sogar zentral gewichtet.[17] Schon der Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ betont schliesslich, dass sich ‚Visualisierung’ und ‚Kommunikation’ praktisch gleichberechtigt gegenüberstehen, also in einem gegenseitigen Wirkungsverhältnis zueinander stehen und sich einander sogar bedingen. Bei allen Definitionen wird demnach die ‚Visuelle Kommunikation’ auch als ein übergreifender Hauptbegriff der modernen und ganzheitlich verstandenen Sozialpädagogik aufgefasst, gleichsam als gemeinsamer Ausdruck verschiedenartigster therapeutischer und pädagogischer Ansätze. 

2.3 ‚Visuelle Kommunikation’ im Kontext der Kommunikationsmodelle  

Grundlegend für das Verständnis der praktischen Wirkungsweise der ‚Visuellen Kommunikation’ ist aber der Zugang über die geläufigen, soziologischen und medientheoretischen Kommunikationsmodelle. Unter dem Begriff der ‚Kommunikation’ wird per Definitionem der Austausch von Botschaften verstanden – Kommunizieren heisst demnach anderen etwas mitteilen oder ihre Mitteilungen empfangen.[18] Dadurch können Menschen in Beziehung treten und aufeinander einwirken.[19]

In diesem Sinn wird im Folgenden der Kommunikationsbegriff mit Hilfe von drei Kommunikationsmodellen erläutert, da es sich bei der ‚Visuellen Kommunikation’  ebenso um die Übermittlung von Informationen und Botschaften handelt, wie bei der verbalen Kommunikation. Grundlegend im Hinblick auf die Kommunikationstheorie sind dabei Marshall B. Rosenberg, Friedemann Schulz von Thun und Paul Watzlawick, alle drei bekannte und wegbereitende ‚Kommunikationsforscher’.

Paul Watzlawick etwa hält „fünf Axiome“, also fünf Wesensmerkmale der Kommunikation fest, die auf verschiedenen Ebenen wirken und ebenso für die ‚Visuelle Kommunikation’ bestimmend sind: [20]

  • Man kann in einer sozialen Situation nicht nicht kommunizieren.
  • Jede Art von Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
  • Der Inhaltsaspekt der Kommunikation wird durch den Beziehungsaspekt  definiert
  • Jedes Verhalten in einer Beziehung ist zugleich Ursache und Wirkung.
  • Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe können komplementär und/oder symmetrisch sein.

Ein weiteres grundlegendes Erklärungsmodell für die Funktionsweise der ‚Visuellen Kommunikation’ legte Marschall B. Rosenberg vor. Er spricht demnach von der „gewaltfreien Kommunikation“, die sich vor allem durch gegenseitige Empathie, Kongruenz und Akzeptanz auszeichne.[21] Bei diesem Konzept handelt es sich um eine Grundhaltung, die Menschen einnehmen und die ihnen erst der zwischenmenschliche Kommunikationsfluss ermöglicht: Eine wertschätzende, friedliebende und auf Austausch basierende Beziehung ist dabei von zentraler Bedeutung. 

Das Grundmodell der „gewaltfreien Kommunikation“ beruht indes auf „vier Schritten“:[22] Beim ersten Schritt wird eine Beobachtung einer bestimmten Handlung gemacht, die nicht mit einer Bewertung oder Interpretation in Verbindung gebracht wird. In einem nächsten Schritt wird das Gefühl zum Ausdruck gebracht, das von der Beobachtung hervorgerufen wird. Das hinter dem Gefühl liegende Bedürfnis wird im dritten Schritt formuliert. Zum Schluss wird die Bitte um eine konkrete Handlung geäussert, wobei zwischen Bitten und Wünschen unterschieden wird.

Kommunikation ist aber nicht immer absolut unmissverständlich, eine Nachricht kann auf verschiedenste Weise gelesen werden. Nach Friedemann Schulz von Thun braucht ein Empfänger einer Nachricht gar vier Ohren, eines für jede der vier Seiten, die eine Nachricht in sich birgt. Diese vier Seiten (des „Vier-Ohren-Modell“)  wären diesbezüglich: [23]

  • Sachinhalt: Jede Nachricht enthält eine Sachinformation.
  • Selbstoffenbarung: Diese Seite enthält Informationen über die Person, die eine    Nachricht sendet.
  • Beziehung: Aus Tonfall oder gewählter Formulierung einer Nachricht geht     hervor, was der Sender vom Empfänger hält und wie er zu ihm steht. 
  • Appell: Eine Nachricht kann dazu dienen, einen Empfänger zu veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder nicht zu tun, zu denken oder zu fühlen. Je nach Absicht des Senders.

Ein Gespräch kann also einen sehr unterschiedlichen Verlauf nehmen, je nachdem, welches der vier Ohren ein Empfänger – oft unbewusst – gerade „auf Empfang geschaltet“ hat.[24]

Die ‚gewaltfreie Kommunikation’, das ‚Vier-Ohren-Modell’ und die fünf Axiome der Kommunikation sind drei Kommunikationsmodelle, die in der praktischen Tätigkeit mit Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung äusserst bedeutsam sind und die Betreuungssituation wesentlich prägen. Sie zeigen vor allem, dass die Formulierung von Anliegen und Wortwahl im kreativ-künstlerischen Schaffen und der Betreuung stets überlegt getroffen werden müssen. Aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass eine einmal durch missverständliche Kommunikation herbeigeführte Situation nachträglich durch mässigende Worte kaum mehr zu entschärfen ist – oft tritt das genaue Gegenteil ein und der Klient versetzt sich noch mehr in Rage. 

Ebenso gelten die Überlegungen, Grundsätze und Beobachtungen der Kommunikationsforscher auch in der sozialen Arbeit im Bereich der ‚Visuellen Kommunikation’. Auch hier wird über dieselben Kanäle kommuniziert, nur dass hier visuelle Formensprache, Zeichen und Symbole eingesetzt und gedeutet werden, statt der verbalen Sprache. 

Eine mögliche Abgrenzung des Begriffs der ‚Visuelle Kommunikation’ vom umfassenden Kommunikationsbegriff, welcher im weitesten Sinn überall dort eingesetzt wird, wo ein Informationsaustausch stattfindet,[25] lautet daher folgendermassen: 

     „Information wird mittels einer visuellen Sprache (Zeichen/Symbole) enkodiert. Die verschlüsselte Botschaft wird in einem Medium über einen Kanal dem Empfänger verfügbar gemacht. Der Empfänger hat die Möglichkeit, […], die Information zu lesen, dekodieren und zu verstehen.“[26]

2.4. ‚Unterstützte Kommunikation’ als ‚Visuelle Kommunikation’: Alternative Kommunikationsformen in der Therapie

Auch der Blick auf alternative Kommunikationsformen in der Behindertenbetreuung lohnt sich vor diesem Hintergrund. Kommunikationshilfen, die im Fachjargon der ‚Unterstützten Kommunikation’ (UK) zugeordnet werden, tragen zum tieferen Verständnis der ‚Visuellen Kommunikation’ bei. Im Folgenden sollen deshalb kurz etablierte Kommunikationshilfen vorgestellt werden, die in Wohnheimen, Werkstätten und Ateliers zum Einsatz kommen und die Menschen mit erheblich eingeschränkter Sprachfähigkeit helfen, sich im Alltag mitzuteilen. 

Der Grad der Sprachbeeinträchtigung variiert jedoch von Klient zu Klient: Während einige über keinerlei lautsprachliche Verständigung verfügen, reden andere teilweise in vollständigen oder ausschliesslich in unvollständigen Sätzen. Sprachliche Entwicklungsstörungen sind oft begleitet von Stammeln, Näseln, Nuscheln, Echolalie, Stottern, Poltern.[27] Dazu sind die ausgedrückten Inhalte oftmals schwer verständlich, sie bleiben floskelhaft, unsinnig und widersprüchlich.[28] Kiefer-, Zahnanomalien und Hörschäden können zudem das Sprechen erschweren und tragen dazu bei, dass die Atmung, die Stimmmelodie und das Sprachtempo gestört sind.[29]

Erweiterte Kommunikationshilfen sollten demnach vorhandene Fähigkeiten bestmöglich nutzen und Menschen mit besonderen Bedürfnissen dabei helfen, ihren Alltag selber mitzubestimmen und zu gestalten.[30] Ein geeignetes UK-Kommunikationsmittel ermöglicht den Klienten also – jeweils auf deren Bedürfnisse und motorische und kognitive Fähigkeiten abgestimmt – sich in Wohnheimen, aber auch ausserhalb der Institution zu verständigen.[31]

2.5.1 Die Gebärdensprache

Handzeichen und Gebärden sind für nicht sprechende Menschen diesbezüglich eine Möglichkeit, Wünsche und Bedürfnisse zu äussern und über Vergangenes zu berichten, Gegenwart zu kommentieren, und ihre Zukunft mitzugestalten.[32] Alles was gesprochen wird, kann prinzipiell mit Gebärden ausgedrückt werden, der Gebärdenskala ist nach oben hin keine Grenze gesetzt ist.[33]

Jedoch kann die Lautsprache nicht wörtlich in Gebärden übersetzt werden, sie wird auf das Wesentliche reduziert. Die entwickelten und ausgewählten Gebärden sind entweder „formbeschreibend“ oder „tätigkeitsbeschreibend“, d. h. sie ahmen eine Tätigkeit nach und haben, wenn möglich, einen direkten Zusammenhang mit dem Begriff.[34] Um Handzeichen und Gebärden einzuführen, wird vom Interesse und Alltagsgeschehen des Betroffenen ausgegangen; jeder Betroffene erhält eine eigene, „bedürfnisgerechte Sammlung“ an Gebärden, die jeweils Tätigkeiten oder Objekte beschreiben, die im Leben des betroffenen Menschen eine zentrale Rolle spielen.[35]

2.5.2 Nichtelektronische Kommunikationshilfen

Von besonders grosser Bedeutung im Kontext der ‚Visuellen Kommunikation’ sind aber die ‚nicht elektronischen’ Kommunikationshilfen. Darunter fallen etwa reale Gegenstände, Fotos, Symbole, Schrift und Bilder, die mittels Kommunikationstafeln, Leporellos oder Einzelkarten zum Einsatz kommen und vorrangig von der unterstützt kommunizierenden Person selbst benutzt werden sollen.[36] Ihr Vorteil ist nicht nur die schnelle und leichte Handhabung, sondern auch dass sie unterschiedlich gestaltet und höchst individuell eingesetzt werden können. Die unterstützt kommunizierende Person ist allerdings darauf angewiesen, dass die Bezugsperson die volle Aufmerksamkeit und Geduld für jeden Kommunikationsversuch aufbringt; ein unmittelbares Feedback ist die Voraussetzung für eine effektive Kommunikation.[37] Ansonsten sind Missverständnisse vorprogrammiert.

2.5.3 Elektronische Visuelle Kommunikationshilfen  

Für Menschen ohne Lautsprache sind elektronische Kommunikationshilfen heute beinahe unverzichtbar. Ein universelles Gerät existiert nicht – aktuelle Geräte verfügen zumeist über veränderbare Displays in Kombination mit festen Tasten. So etwa tragbare Minicomputer mit berührungsempfindlichem Display und digitaler Sprachausgabe.[38]

Der wesentlichste Punkt ist allerdings die Vokabulardarstellung und Organisation; Das Vokabular wird bildlich mit Symbolen, Grafiken und Thementafeln dargestellt und über Tasten mit einer Sprachausgabe verknüpft.[39] Damit kann der Nutzer schnell auf „situationsadäquates Vokabular“ zugreifen, das neben häufig verwendetem Allgemeinvokabular auch individuell relevantes Randvokabular berücksichtigt.[40]

Alternative Kommunikationsformen im Rahmen der ‚Unterstützte Kommunikation’  (UK) vermitteln also Informationen ebenso über visuelle Kanäle wie die ‚Visuelle Kommunikation’ – in einem erweiterten Sinn ist denn auch die UK eine Form der ‚Visuellen Kommunikation’. Vor allem weil Kommunikationshilfen für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung zumeist auf Visualisierungen, also auf der abstrakten und visuellen Darstellung von Objekten und Begriffen, basieren.

2.5 Zwischenfazit

Aufgrund der eben diskutierten Deutungsansätze und der Betrachtung von alternativen Kommunikationsformen in der Behindertenarbeit wird klar, dass es sich bei der ‚Visuellen Kommunikation’ keineswegs um einen einheitlichen, fest umrissenen Begriff handelt. Ebenso ist der Begriff der ‚Visuellen Kommunikation’ in der vorliegenden Arbeit weit gefasst und vereint verschiedenartigste kommunikative und visuelle Ausdrucksmöglichkeiten unter sich, die je nach Bedarf auch unterschiedlich gewichtet und in den folgenden Kapiteln zusätzlich erläutert werden. 

3. Kunst und Therapie: Praktische Ansätze zur therapeutischen Anwendung der ‚Visuellen Kommunikation’ 

In diesem Kapitel werden nun einige therapeutische Ansätze und Formen der sozialpädagogischen Betreuung für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung im Rahmen der ‚Visuellen Kommunikation’ vorgestellt. Darauf aufbauend sollen die praktische Anwendbarkeit und der Nutzen der ‚Visuellen Kommunikation’ in der sozialpädagogischen Praxis beleuchtet und ausführlich diskutiert werden. 

3.1 Vom Piktogramm zur ‚bildenden Kunst’: Künstlerisch-kreatives Schaffen in der Sozialpädagogik

Grundsätzlich ist hervorzuheben, dass verschiedenste gestalterische und künstlerisch-kreative Verfahren in der ‚Visuellen Kommunikation’ therapeutisch Anwendung finden können – nur ein Mangel an Kreativität und Fantasie (bei den Betreuern) setzt hierbei Grenzen. So stellt auch Theunissen die „bildnerische Aktivität“ in ihrer ganzen Vielfalt in das Zentrum seiner Betrachtungen zum therapeutischen Unterricht, dies im Sinne einer „heilpädagogischen Kunsttherapie“.[41]

3.1.1 Piktogramme:  Kommunikation mit Zeichen und Symbolen 

Ein zentraler Stellenwert wird in der ‚Visuellen Kommunikation’ allerdings immer der Symbolik und der Zeichenfunktion beigemessen. Ein äusserst effektives und einfach anzuwendendes, gestalterisches Mittel sind hierbei insbesondere Piktogramme – also graphische Symboldarstellungen und Zeichenbilder, die als visuelle Abstraktionen auf möglichst simple Weise eine Information vermitteln.[42]

So können Piktogramme eine erste Hilfestellung bieten, um mit schwerst behinderten Klienten überhaupt in Kontakt zu treten. Schon nur der Hinweis auf ein Objekt reicht oft aus, um eine Kommunikation über visuelle Objekte einzuleiten. Etwa in dem der Klient die Aufmerksamkeit der Bezugsperson auf ein Objekt z.B. ein Auto, einen Vogel oder eine Kaffeemaschine lenkt. Dies kann dokumentiert werden, um fortan entsprechende Symbole in der zwischenmenschlichen Begegnung einzusetzen. Die Anwendung von Zeichen, Symbolen und Bildern hat daher in der Sozialpädagogik eine Schlüsselfunktion. Dabei ist gerade die Entschlüsselung der visuellen Symbolsprache von grundlegender Bedeutung; erst jetzt entsteht Kommunikation. So hört und beobachtet die Bezugsperson den Klienten, reagiert auf ihn und bindet ihn in diesen letztendlich wechselseitigen Kommunikationsfluss ein. Solche Symbole und abstrakte Visualisierungen können hierbei die Kommunikation enorm erleichtern. Dies verknüpft sich zu einem gemeinsamen Erlebnis und führt im besten Falle zu einem Lernerfolg, etwa in dem sich der Klient durch ausgewählte oder gar eigens erstellte Piktogramme selbst mitteilen kann. 

An diesem Beispiel wird klar, wie Kommunikation, Therapie und visuelle Gestaltung miteinander verwoben sind und wirken. Zeichen und Symbole als Mittel der ‚Visuellen Kommunikation’ werden in diesem Fall  ganz gezielt in Verbindung zur Therapie gesetzt: Wenn ein Mensch mit einer geistigen Beeinträchtigung sich durch solche visuelle Hilfestellungen mitteilt und erlebt, fühlt er sich wohl und verstanden, was sich auf sein mentales Wohlbefinden auswirkt. Daher wird er auch psychisch gestärkt. Es wird ihm ausreichend Beachtung geschenkt und sein Bedürfnis nach künstlerischem Ausdruck wird gestillt – was wiederum ein zentrales Phänomen der ‚Visuellen Kommunikation’ in der sozialpädagogischen Therapie darstellt

Gleichfalls können Symbolspiele wie Piktogramme und allgemein das Bildnerische Gestalten als Ganzes auch „lebensgeschichtliche Ereignisse“ repräsentieren.[43] In diesem Sinn können sie auch Spiegel für soziale Konflikte, psychisch belastende Situationen oder auch psychische Probleme sein[44] – also Probleme, die dann erst mit Hilfe der ‚Visuellen Kommunikation’ Aufmerksamkeit erhalten und die in Interviews oder im Gespräch mit verbal sehr eingeschränkten Menschen kaum zum Ausdruck kommen.[45]

Insbesondere Theunissen weist auf dieses Phänomen hin und erklärt dies damit, dass die  ‚Visuelle Kommunikation’ auch dabei helfen kann, unterdrückte Phantasien und Wünsche auszudrücken – was letztlich auch einer Bewusstwerdung allfälliger Probleme förderlich ist und weitere, erwünschte und gezieltere Therapiemassnahmen einleiten kann.[46]

3.1.2 Zeichnen und Malen 

Die Formen und Einsatzmöglichkeiten der ‚Visuellen Kommunikation’ in der alltäglichen Arbeit mit Menschen mit geistiger Beeinträchtigung sind hier, im Zeichnen und Malen, schier unbegrenzt, ganz entsprechend der ungeheuren Vielfalt der Maltechniken und Materialien. Nicht zuletzt aber auch, weil „ungelenkte“ Arbeitsformen wie z.B. Fingermalen, spontanes Malen und freies Zeichnen immer auch durch „gelenktes“ Malen (etwa nach Musik als Teil des therapeutischen Unterrichts) oder unterstütztes „Beidhandzeichnen“ ergänzt werden können.[47] Solche spontanen oder begleiteten Gefühlsäusserungen, die derart zu Papier (oder auch Karton, Wände usf.) gebracht und etwa schon als Gekritzel oder auch Schmieraktivitäten zum Ausdruck kommen können, stellen „affektiv-dynamische Prozesse“ dar.[48] Dadurch wird letztlich das Körpergefühl, das Selbst-Erleben angeregt, mit dem Ziel die Selbstwahrnehmung und das Selbstbewusstsein zu fördern.[49]

Darüber hinaus geben gemalte Bilder mit Abstraktionen oder auch konkret dargestellte Objekte –  etwa Landschaftselemente oder Personen oder auch sonstig erkennbaren Lebe- und Fabelwesen – einen direkten Einblick in die Psyche, die Persönlichkeit und die Weltanschauung der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung: Sie lassen uns an ihrem Leben und ihrer Wirklichkeit teilhaben.[50]

3.1.2 Sachorientierter Kunstunterricht

Menschen mit geistiger Behinderung soll in der kunstpädagogischen Arbeit nach Möglichkeit auch ganz allgemein die „visuelle Kultur“ näher gebracht werden, dies im Rahmen eines „sachorientierten Kunstunterrichts“.[51] Damit sind denn auch die uns umgebenden visuellen Elemente und Medien in ihrer Gesamtheit gemeint, ob Kunstwerke der ‚bildenden Kunst’, graphische und handwerkliche Erzeugnisse, über elektronische Medien bis hin zu Design-Objekten.[52]

Der alltägliche Kontakt und die intensive Beschäftigung mit visuellen Objekten jedweder Gattung soll für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung dabei in erster Linie anregend sein und das Verständnis für die „umgebende“ visuelle Kultur an sich fördern – idealerweise mit dem Ziel, sich in derartigen „visuellen Systemen“ ausdrücken zu können.[53]

Gemeint ist demnach zwar auch die malerische Betätigung an sich und die konkrete Umsetzung von Motiven in der kunstpädagogischen Praxis selbst; vor allen Dingen steht hier aber die Schulung des Auges und der lehrreiche Umgang mit Objekten und Gegenständen aus der ‚bildenden Kunst’ – seien sie malerischer, plastischer oder auch graphischer Natur – vor dem Hintergrund der ‚ästhetischen Erziehung’  im Zentrum.[54]

3.1.3 Basal orientierter Kunstunterricht  

Einen ausserordentlich grossen Stellenwert nimmt in der ‚ästhetischen Erziehung’ allerdings ebenso die Beschäftigung mit Objekten der Alltagswelt und des Alltagsleben ein: So definiert sich die kunstpädagogische Arbeit im Rahmen der ‚Visuellen Kommunikation’ geradezu über den Umgang mit Stoffen und Materialien. Mit „basal orientiertem Kunstunterricht“ ist demnach in erster Linie das Fördern der sinnlichen Erfahrungswelt gemeint, oder wie Theunissen es ausdrückt, die „Wiederentdeckung der fünf ‚basalen’ Sinne“, also des Sehens, Hörens, Fühlens, Schmeckens und Riechens.[55] Der Hauptfokus liegt hier zwar auf der visuellen Beschäftigung mit Objekten und Materialen aus dem Alltag, allerdings handelt es sich stets um ein ganzheitliches Erleben, an dem alle Sinne gleichermassen beteiligt sind. Besonders empfänglich hierfür sind vor allem körperlich oder psychisch schwerst Beeinträchtigte, etwa Menschen mit stark ausgeprägtem Autismus. Das oberste Ziel ist hierbei, Gegenstände und Materialien in ihrer charakteristischen, sinnesspezifischen Wirklichkeit zu erfahren und zu erleben – noch bevor sie bildnerisch umgestaltet werden.[56] Ein Prozess also, der von grosser pädagogischer Wichtigkeit ist und sowohl die geistige Arbeit anregt, als auch den unmittelbaren, physischen Kontakt mit Alltagsobjekten fördert. Nicht zuletzt um motorische Verkrampfungen und psychische Verspannungen zu lösen.[57]

Spielerisch und experimentell soll damit also die sinnliche Wahrnehmung gefördert werden, So können je nach Wünschen und Bedürfnissen verschiedenste Verfahren und Materialien auf spielerische Art miteinander zum Einsatz kommen, steht hier doch das reine Vergnügen an der Materie an erster Stelle. So etwa Papier, das zerknüllt, gefaltet, zerrissen, mit Farbe bespritzt oder mit beliebigen Materialien collagiert wird; oder aber auch Knete, die gerieben, gedrückt oder eben auch bemalt wird. 

Schon einfachste Übungen und Handlungen wie „Matschen, Schmieren, Rühren, Krabbeln, Kratzen, Einpacken, Auspacken, Betasten, in den Mund stecken, Reissen, Knüllen, Auseinandernehmen, Hineinstecken, Auftürmen, Ausprobieren, Klopfen, Drücken, Werfen, Spritzen“[58] und das Bespritzen von Gegenständen können demnach von Bedeutung sein und langfristig zu therapeutischen Erfolgen führen. Diese Tätigkeiten sind also nicht an bestimmte Stoffe oder Materialien gebunden; sie werden daher auch „materialunspezifische Funktionsspiele“[59]genannt, die schliesslich das Fundament der sinnlichen Erfahrungswelt bilden und damit auch ein erster Schritt in Richtung bildnerisches Gestalten sein können. 

Dementsprechend folgen auf diese einfachen, an keine Regeln gebundenen Aktivitäten allmählich Spiele, bei denen die Neugierde und das Bedürfnis, Objekte zu erforschen, überwiegen.[60] Langsam, aber zielgerichtet soll hierbei der Entdeckergeist geweckt werden, was schliesslich im Idealfall auf das Erkunden oder das eigenständige Kennenlernen der Objekte in der unmittelbaren Umwelt und des Alltagslebens hinauslaufen kann.[61] Von hier aus ergeben sich vielfältige Anknüpfungspunkte für spielerisch-erforschende Tätigkeiten,[62] nicht zuletzt um die  Wahrnehmung zu schärfen und die Beobachtungsgabe zu fördern.[63] Als Experimentierfelder und gleichzeitig Ausflugsmöglichkeiten bieten sich hierzu nicht nur die Schulräume selbst an, sondern auch Schulhöfe, Abenteuer- und Spielplätze, ebenso Naturräume aller Art, oder auch Museen und Ausstellungen.[64]

3.2 Effekte der ‚Visuellen Kommunikation’ auf das sinnliche und körperliche Erleben

Positive Effekte auf die Selbstwahrnehmung und das motorische, sensorische sowie sensitive Erleben, die der ‚Visuellen Kommunikation’ in der kunstpädagogischen Fachliteratur zugeschrieben werden, sind der schier unbegrenzten Anwendungsmöglichkeiten entsprechend vielfältig. So kann sie im Idealfall etwa zur Verbesserung der Körperbeherrschung, der Grob- und Feinmotorik, des Vorstellungsvermögens, der Raumorientierung, der Sinneswahrnehmung und der taktilen und haptischen Informationsbeschaffung über Objekte sowie dem Erwerb von diversen, manuellen Fertigkeiten dienen.[65]

Die ‚ästhetische Erziehung’ fördert in diesem Zusammenhang also allseitig das Zusammenspiel der Sinne und die Motorik der Bewegungsorgane.[66] Mittels der Sensibilisierung der Sinne und motivierender Bewegungsübungen können hierbei grosse Fortschritte erzielt werden. Als förderliche Aktivitäten können zusätzlich zur Anwendung der Therapieansätze im Rahmen der ‚Visuellen Kommunikation’ immer auch Spiele und Bewegungsübungen aller Art zum Einsatz kommen, etwa Gymnastik, Rollenspiele oder Wanderungen.[67] Dazu kann etwa das Märchen- und Geschichten-Erzählen das gemeinsame Bilderbetrachten, Objektbetasten und Gestalten sinnvoll begleiten.[68]

3.3 Individualbetreuung: Das Alter und die Motorik als zu berücksichtigende Faktoren 

Auch wenn der verspielte Charakter der ‚Visuellen Kommunikation’ des Öfteren an frühkindliche Förderungsmassnahmen erinnert – therapeutische Massnahmen im Bereich der ‚Visuellen Kommunikation’ sind keineswegs altersgebunden oder nur für Kinder oder Heranwachsende mit geistiger Beeinträchtigung geeignet. Viel mehr können Sie bis ins hohe Alter eine sinnvolle Ergänzung in der sozialpädagogischen Arbeit sein. Vor allem ist das der Fall, wenn Erwachsene über keine entsprechenden Erfahrungen verfügen oder überhaupt Entwicklungsanreize fehlen.[69] So kann die Beschäftigung mit visuellen Verfahren, Objekten und Medien im fortgeschrittenen Erwachsenenalter durchaus zu vergleichbaren therapeutischen Erfolgen führen. 

Tatsache ist jedoch, dass Menschen mit schwerwiegender geistiger Beeinträchtigung meist in ihrer Motorik sehr stark eingeschränkt sind, bis hin zu Lähmungen.  Schon der Versuch, einen Pinsel in eine beliebige Farbe zu tunken, stellt oftmals ein grosses Problem dar – auch kann es ebenfalls bereits ein schwieriges Unterfangen sein, ein Blatt Papier auf einem gewöhnlichen Tisch zu bemalen.[70] Bei derartigen (fein-) motorischen Defiziten, ist eine adäquate manuelle und wenn möglich auch technische Unterstützung erforderlich.[71]

Überhaupt gilt es aber stets, die therapeutischen Fördermassnahmen an die intellektuellen und physischen Voraussetzungen der Klienten anzupassen. Das heisst, dass sich die Wahl der geeigneten bildnerischen Ausdrucksform in erster Linie an den individuellen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten orientieren soll. Ein Patentrezept oder einen Generalplan für die sozialpädagogische Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung gibt es nicht – jeder Klient verfügt über divergierende Fähigkeiten, Bedürfnisse und Wünsche. 

3.4 Exkurs: Die Entstehung eines Bilderbuches – Impressionen aus der Praxis 

Nicht jeder Mensch mit einer geistigen Beeinträchtigung hat das Bedürfnis, künstlerisch-kreativ tätig zu sein. Das kreative Schaffen soll dem Klienten jedoch zumindest eine mögliche Perspektive eröffnen, einen Anreiz bieten, den er annehmen kann, aber nicht muss. Die ‚Visuelle Kommunikation’ verfügt hierzu über individuell höchst anpassungsfähige Ausdrucksformen, Verfahrensweisen und Förderungsmöglichkeiten. Ein Kreativprojekt, das ich gemeinsam mit Klienten des ‚insieme oberwallis’ realisiert habe, illustriert dies eindrücklich.[72] Das Resultat davon war die Entstehung eines Bilderbuches mit gemalten Bildern, Collagen und Fotographien, das im Anhang dokumentiert ist. (Vgl. Anhang) Die praxisnahe Schilderung des Entstehungsprozess soll deshalb im Folgenden die Ansätze und Einsatzmöglichkeiten der ‚Visuellen Kommunikation’ in der sozialpädagogischen Praxis illustrieren und noch mal verdeutlichen. 

Die Arbeit am Bilderbuch umfasste indes beinahe das gesamte behandelte Spektrum der ‚Visuellen Kommunikation’: Von der basal-ästhetischen Wahrnehmungsstimulation, über den sachorientierten Kunstunterricht bis hin zur eigenständigen und höchst kreativen Umsetzung von bildnerisch-kreativen Ideen. 

Voraussetzung dafür war selbstredend ein gut ausgestattetes Atelier. Bei den Vorarbeiten zum Bilderbuch – und überhaupt bei der alltäglichen künstlerisch-kreativen Arbeit mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen – achtete ich stets darauf, dass alle Klienten immer Zugriff auf eine möglichst grosse Palette an unterschiedlichsten Materialien haben, die sie in ihre Bildnereien integrieren können. Seien es allerhand Malwerkzeuge oder Collagemittel, alle Variationen von Pinseln, Papierformaten, Blei- und Filzstiften (und diversen Farben wie Pastell, Aquarell und Gouachefarben). Dazu auch Äste, Schwämme oder plastische Gegenstände (Knetmasse, Ton und Wachs)  zum beliebigen Einsatz. 

Die Wahl des Materials wich dabei innerhalb der Gruppe sehr voneinander ab, jeder Klient entwickelte bald schon seine ganz eigenen, speziellen Vorlieben und blieb meist auch auf Dauer auf dieselben Gestaltungsmittel und Motive fokussiert. Durch freies Ausprobieren, Beobachten und Improvisieren liess sich schon bald herausfinden, welche Materialien, Farben und Malverfahren dem jeweiligen Klienten am besten entsprechen. Positive oder negative Reaktionen, Urteile über bestimmte Materialien oder Farbmittel, also Vorlieben und Abneigungen, fielen in der Regel sehr deutlich aus. 

Auf jeden Fall durfte denn auch das Papier nicht zu dünn und empfindlich sein, denn ab und an musste es manchen Pinselhieb aushalten. Zur Stabilisierung der Unterlage waren auch Gummitischtücher sinnvoll; sie verstärkten den Effekt der fliessenden Bewegungen beim Malen und Zeichnen. Auch empfahl sich jeweils eine möglichst grosse Malfläche auf Karton oder Papier, das die Bewegungen nicht einschränkt. Für jeden Maler gab es in der Regel ein Idealformat, auf dem er sich am besten zurechtfand und mit dem gleichzeitig auch die ästhetische Qualität der bildnerischen Repräsentationen anstieg. 

Oft war deshalb auch eine Feinjustierung in den Gestaltungsmitteln und Materialien notwendig: So kann etwa ein grobkörniger Schwamm, der mit Farbe durchsetzt ist, dem Einen dabei helfen, seine typischen Bewegungsabläufe gestalterisch auf das Papier zu übertragen. Für den anderen hingegen, der motorisch vielleicht etwas gehemmt und einschränkt ist, kann derselbe Schwamm schon kaum zu hantieren sein – erst ein feinerer, leichterer Schwamm führt zu ähnlichen Resultaten. Solche individuellen Wünsche und physischen Voraussetzungen waren also stets zu berücksichtigen. 

Vor allen Dingen versuchte ich aber, den Bezug der Klienten zu bestimmten Motiven und Lieblingsobjekten aufzuspüren, die dann in den Bildern verarbeitet werden konnten. Dabei galt es, die besonderen Bedürfnisse der Klienten zu berücksichtigen und diese gestalterischen Wünsche gemeinsam zu artikulieren; dies geschah oft über Piktogramme. So etwa nach längeren Exkursionen, während denen ich durch Einfühlung und Zuwendung das spezielle Interesse der Klienten an bestimmten Sujets in Erfahrung bringen konnte. 

Meist waren dies denn auch Gegenstände aus der Alltagswelt oder Lebewesen, die erst beobachtet wurden und schliesslich durch ein Piktogramm wiederholt thematisiert wurden. Das Suchen, Auffinden und Untersuchen verschiedener Objekte in der Umwelt, etwa auf Spaziergängen durch die Briger Stadt und Naturlandschaft, regte schliesslich die Ideenbildung für das anschliessende bildnerisch-kreative Gestalten an. Jeder Klient entwickelte allerdings bald schon ganz eigene künstlerische Strategien. Viele der im Projekt involvierten Menschen verwendeten denn auch Vorlagen und Motive aus Zeitschriften und Büchern. Nie aber handelte es sich im kreativen Prozess um stures Kopieren, sondern um immer ein phantasievolles Nachempfinden. 

Trotzdem ist man geneigt, die künstlerischen Potentiale von Menschen mit einer geistigen Behinderung wegen ihrer intellektuellen Beeinträchtigung zu unterschätzen. Diese Haltung birgt die Gefahr, die schöpferischen Kräfte dieser Menschen zu hemmen oder gar zu unterbinden. Ebenso besteht auch die Gefahr, die Klienten im künstlerisch-kreativen Schaffen in eine Richtung zu drängen, zu denen sie ihr eigenes Wahrnehmen, Erleben und Fühlen nie geführt hätten. 

Als Sozialpädagoge war es deshalb vorrangig meine Aufgabe, für eine möglichst ungezwungene und angenehme Atmosphäre, ein befreiendes und inspirierendes Ambiente zu sorgen. Ein geistig beeinträchtigter Künstler etwa, der in der Angst lebt, die Räumlichkeiten zu beschmutzen und dafür bestraft zu werden, kann seinen kreativen Impulsen keinen freien Lauf lassen. Ohne die Möglichkeit, kreativ aus sich herauszugehen, ist sein künstlerisches Schaffen nicht entwicklungsfähig.

Mein Vorsatz während der Arbeit am Bilderbuch war es deshalb, den Klienten vor allem den kreativen Impuls zu vermitteln. Eine einmal aufgenommene künstlerische Fährte sollte dann von den Klienten eigenständig weiterverfolgt werden. Also möglichst ohne kontrollierende und lenkende Eingriffe und ohne, dass meinerseits ein bestimmtes künstlerisches Ziel anvisiert wurde. Dabei wurde ich immer wieder von der Eigeninitiative und den höchst kreativen Wegen überrascht, die eingeschlagen wurden. 

Wenn Klienten in der Gruppe miteinander oder nebeneinander künstlerisch-kreativ tätig sind, geschieht noch mehr. Schon das blosse Nebeneinander der Klienten beim kreativen Arbeiten sorgt dabei für Inspiration – sie teilen untereinander Materialien, tauschen sich verbal oder nonverbal über Stoffe und Gestaltungsmittel aus, oft kupfert man voneinander ab, will sich gegenseitig übertrumpfen, ohne dass dabei Neid im Spiel ist oder eine Konkurrenzsituation entsteht. Sie wirken also aufeinander ein. So kam es oft vor, dass gleich mehrere Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung aus freien Stücken gemeinsam an einem Bild arbeiteten. Obgleich diese Arbeiten in der Regel qualitativ hinter den allein gemalten Bildern zurückblieben, hatten sie einen besonderen Wert, der mehr im Entstehungsprozess zu suchen ist, als im Endprodukt. Malen wurde hier zur Konversation: Fremde Formen und Farben forderten stets zu Reaktionen auf.

Diese anregende Atmosphäre und soziale Situation fördert also das kreative Schaffen, in dem ein fruchtbarer Austausch entsteht, der schliesslich das Gemeinschaftsbewusstsein, das Gruppengefühl und die Solidarität untereinander stärkt – insbesondere konnte ich dies feststellen, als es darum ging, die Einzelkünstler für das Bilderbuch in das Gruppenprojekt einzubinden. Nicht selten trugen die Klienten selber Ideen vor, wollten entscheiden, was in das Gesamtkonzept passt und was nicht, etwa bei der Farbwahl, den Motiven, den Sujets oder Materialwahl. Es scheint mir deshalb durchaus gerechtfertigt, Kunst als ein Medium der Begegnung zu charakterisieren – vor allem auch im Hinblick auf die folgende wissenschaftliche Auseinandersetzung aus (sozial-) psychologischer Perspektive.  

4. Selbstwahrnehmung und Identität: ‚Visuelle Kommunikation’ als Medium der seelischen Begegnung 

4.1 Identität, geistige Beeinträchtigung und künstlerisch-kreatives Arbeiten „… Dauernd stösst man auf sich selbst“[73]

Im Rahmen der Einleitung, wie auch im vorangegangen Kapitel, wurde bereits darauf hingewiesen, dass kreativ-gestalterische Aktivität auf seelischer, psychischer und sinnlicher Ebene wirkt und vor allem der Auseinandersetzung mit dem ‚Selbst’, also der Identitätsbildung, dienen kann. Dieser Aspekt soll im Folgenden näher beleuchtet werden. 

So stellt vor allem Schuppener das Motiv der „Selbsttätigkeit, der Selbstwirksamkeit und der Selbsterfahrung“ in den Vordergrund.[74] Kunst und künstlerisches Gestalten ist für Menschen mit besonderen Bedürfnissen daher in erster Linie eine seelische Erfahrung und sinnliches Erleben. Insbesondere Regina Humbert beschäftigt sich mit den tieferen Beweggründen, die Menschen mit geistiger Behinderung dazu veranlassen, künstlerisch-kreativ aktiv zu werden – sie kommt praktisch zum gleichen Schluss: 

„Im Gegensatz zu vielen Lernaufgaben, mit denen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung dazu verholfen werden soll, Einschränkungen zu überwinden, ist bei kreativer Arbeit nicht etwas Äusseres Anlass zum Tun, sondern der eigene Antrieb – neben dem vielem ,man tut` auch die Gewissheit ,ich bin’.“[75]

In der Auseinandersetzung mit dem Medium Kunst werden daher nicht zuletzt „identitätsfördernde Prozesse“ in Gang gesetzt.[76] Die Künstlerische Tätigkeit, insbesondere das Malen und Zeichnen, kann im Leben geistig beeinträchtigter Menschen eine äusserst bedeutsame, wenn nicht sogar einzigartige und tragende Bedeutung einnehmen und so wesentlich zur Identitätsentwicklung beitragen.[77]

Die Rolle und der Stellenwert der ‚Visuellen Kommunikation’ kann also kaum überbewertet werden. Insbesondere auch Theunissen teilt diese Ansicht und betont die eminente Bedeutung des künstlerisch-kreativen Arbeitens für den „Ich-Findungsprozess, […] die Identitätsentwicklung“ und überhaupt die „psychische Gesundheit“ von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung.[78]

So kann bereits die Wertschätzung ihrer künstlerischen Werke „identitätsstiftend“ wirken und einen positiven Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung und die psychische Gesundheit ausüben.[79] Besonders wenn sich geistig beeinträchtigte Menschen fortan selbst in einer Art „Künstlerrolle“ wahrnehmen.[80] Dies stärkt die persönliche und soziale Eigenwahrnehmung und trägt gleichsam zum Abbau des „Erlebens einer behinderten Identität“ bei – das sich „Behindert-Fühlen“ tritt also deutlich in den Hintergrund.[81]

4.2 Empirische Untersuchungen über den Einfluss künstlerisch-kreativen Schaffens auf das Selbstbild geistig Beeinträchtigter 

Auch empirische Untersuchungen zum therapeutischen Wert der ‚Visuellen Kommunikation’ stützen diese theoretischen Ansichten. So untersucht Schuppener in ihrer Publikation ‚Selbstkonzept und Kreativität von Menschen mit geistiger Behinderung’ eine Gruppe behinderter Heranwachsender, die über einen grossen Zeitraum gezielt künstlerisch und kreativ-gestalterisch gefördert wurden. Die zentrale These von Saskia Schuppener, die sich hier mit dem Selbstbild und der Identität von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung auseinandersetzt, lautet demnach: 

„Das Selbstkonzept von Künstlern mit einer geistigen Beeinträchtigung ist vergleichsweise emotional stabiler und kognitiv-reflexiv kreativer, als das Selbstbild von Personen mit geistiger Behinderung ohne künstlerische Erfahrung.“[82]

Vor allem im Bereich der Selbstwertschätzung ergab die Untersuchung von Schuppener interessante Befunde: So werde das „Erleben von Andersartigkeit“ von Künstlern in Abgrenzung zu Nicht-Künstlern ganz unterschiedlich gewichtet.[83] Die Gruppe der „Künstler“ definierten ihren eigenen Status in Befragungen demnach durchwegs als „andersartig“, wohingegen die Gruppe der „Nicht-Künstler“ sich nicht als „andersartig“ wahrnahm.[84] Zwar ist damit nicht unbedingt übergesteigertes Selbstbewusstsein oder gar Selbstüberschätzung gemeint, betonten doch beide Untersuchungsgruppen in ihren Aussagen stets im selbem Masse die „Wichtigkeit ihrer eigenen Person“ und schätzten sich beiderseits selbst als ebenso „wichtig“ ein.[85] Die Tatsache, dass künstlerisch tätige Menschen mit geistiger Behinderung sich zwar als anders, gleichzeitig aber auch als „wichtig“ erleben, deutet dementsprechend auf eine grundsätzlich „positiv empfundene Andersartigkeit“ hin. [86]

Kunst und bildnerisches Gestalten kann daher also ein Medium sein, mit dem sich Menschen mit einer geistigen Behinderung in „(selbst)-aufwertender Form“ beschäftigen.[87]

4.3 Von der Aussenseiterrolle zur Aussenseiterkunst: ‚Art Brut’ und Möglichkeiten der künstlerischen Identitätsbildung 

Kunst und künstlerisches Schaffen gilt in verschiedensten Kontexten und Kulturen zwar nach wie vor als exotisch und sonderbar.[88] So wird etwa das Künstlertum in westlichen Gesellschaften noch heute zumeist als alternativer, erhabener Lebensentwurf jenseits bürgerlicher Vorstellungen und Normen betrachtet – oder gegenteilig auch als elitär, weltfremd und subversiv abgeurteilt. Aus mutmasslich demselben Grund betrachten und erleben sich auch Personen mit geistiger Beeinträchtigung, die innerhalb der jeweiligen Institution bildnerisch-kreativ tätig sind, in einer „Sonderrolle“.[89]

Dass die Angst vor einer negativ belasteten Aussenseiterolle aber trotzdem unbegründet ist, zeigen wiederum die Untersuchungsergebnisse von Schuppener: So wirke sich die „doppelte Stigmatisierung“ – einerseits durch das „Etikett der geistigen Behinderung“ und anderseits durch die zusätzliche „Aussenseiterrolle“ als  Künstler – kaum negativ auf das Selbstbild, aber auch auf die Aussenwahrnehmung der bildnerisch-kreativen tätigen Personen mit geistiger Beeinträchtigung aus.[90]

Ganz im Gegenteil: Auch im sozialen Bereich kann der künstlerischen Tätigkeit eine zentrale Bedeutung zukommen: Häufig ist denn auch zu beobachten, dass Künstler mit geistiger Behinderung geradezu „stolz auf ihre Bildnereien oder ästhetischen Darstellungen sind, sie geniessen die Anerkennung und entwickeln dabei Selbstvertrauen.“[91]

Auch wenn hier die Verständigung zumeist auf nonverbaler Ebene stattfindet, so fördert die künstlerische Betätigung in diesem Sinne doch auch die Einbindung in die soziale Lebenswelt der Gruppe. Durch bildnerisches Gestalten werden Menschen mit schwerer geistiger Beeinträchtigung derart Akteure im sozialen Geschehen und in ihrem Umfeld. Durchaus auch über die Betreuungssituation hinaus, etwa mittels künstlerisch-kreativen Projekte wie dem gemeinsamen Anfertigen von Bilderbüchern, Publikationen oder Mitwirken an Vernissagen. Besonders im Rahmen von Ausstellungsprojekten können sich denn künstlerisch tätige Menschen mit einer geistigen Behinderung auch in einer „besonderen Rolle“ erfahren, in der ihnen Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung zuteil wird.[92]

In diesem Sinne fand das kreativ-künstlerische Schaffen unter geistig Behinderten – oder als geistig „krank“ stigmatisierten Menschen – und deren oftmals überbordende Kreativität tatsächlich schon früh eindrücklich Beachtung, vor allem in der Kunstwelt. Das Phänomen der ‚Aussenseiterkunst’, also die am äussersten Rande der Gesellschaft stattfindende Kunst, die vor allem als ‚Art Brut’ bzw. ‚Outsider Art’ bekannt wurde, fand denn auch Eingang in die Annalen der Kunstgeschichte und hat bis heute einen prominenten Stellenwert in der zeitgenössischen Kunstszene.[93]  Schon 1922 präsentierte etwa Hans Prinzborn – ein Psychiater und Kunsthistoriker – künstlerische Arbeiten von psychisch kranken Menschen der Weltöffentlichkeit. Mit durchwegs positivem Echo aus der avantgardistischen Kunstwelt, die sich im frühen zwanzigsten Jahrhundert ohnehin ursprünglicheren und abstrakteren Ausdrucksformen (etwa dem Expressionismus, Primitivismus und Kubismus) zuwendete und von der traditionellen, akademisch geprägten ‚bildenden Kunst’ abwendete. Diese frühe öffentliche Anerkennung der ‚Aussenseiterkunst’ trug sicher wesentlich dazu bei, dass bildnerisches Gestalten und überhaupt künstlerische Ausdrucksformen von Menschen mit einer Beeinträchtigung bis heute eine grosse Wertschätzung erfahren. 

Das bestätigen auch Erfahrungen in der sozialpädagogischen Praxis. So bezeichnet etwa der Leiter der Kunstgruppe der Gustav-Werner-Stiftung (Reutlingen) die von Personen mit geistigen Beeinträchtigungen angefertigten bildnerischen Werke als „Niederschriften höchst subjektiver Lebenswirklichkeit“, die sogar „einen wertvollen Beitrag zur Kunst und Kultur der Gegenwart“ liefern.[94]

Zwar ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der „Outsider Art“ um „nicht-professionelle“ Kunst, also sogenannt „naive Laienkunst“ oder „rohe Kunst“ handelt.[95] Durchaus zu Recht, stellt doch die bewusste Auseinandersetzung mit kunsthistorischen und kunsttheoretischen Wissen einen entscheidenden Wesenszug der professionellen ‚bildenden Kunst’ dar.[96]

Allerdings es auch so, dass der Ursprung der Kunst, die Wurzeln des Kreativen gerade jenseits des sogenannt Normalen zu suchen sind. Das zeigt nicht nur ein Blick in die Kunstgeschichte, wo der Bruch mit Traditionen und gewohnten Darstellungsweisen meist abseits des sogenannten ‚Mainstreams’ stattfindet. Genauso sind denn auch in den bildnerischen Darstellungen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen des Öfteren wahre Schätze verborgen, die von grosser Inspiration und Experimentierfreude zeugen. Vielleicht ist ja so, dass hier der Drang nach kreativem Ausdruck ungebrochen ist und gesellschaftliche Konventionen und Anspruchsdenken keine hemmende Wirkung auf das künstlerische Schaffen entfalten. Das wurde mir in meiner berufspraktischen Ausbildung im Feld der ‚Visuellen Kommunikation’ mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen immer mehr bewusst und wurde durch eine Vielzahl bildnerischer Darstellungen, die im schon mehrmals angesprochenen Bilderbuch (Vgl. Anhang) versammelt sind und die praktisch in deren Eigenregie entstanden, eindrücklich bestätigt. 

Was Seibezeder ganz allgemein über den Wert der Kunst sagt, kann daher möglicherweise auch für die Bedeutung des bildnerisch-kreativen Arbeitens von Menschen mit geistiger Behinderung innerhalb der jeweiligen Betreuungssituation gelten: 

       „Was wäre wohl die Welt ohne Kunst, ohne Spielwiese der Fantasie, ohne kritische Reflexion von unserer Kultur, unserer Zeit, unseren Werten?“[97]  

Trotzdem ist davor zu warnen, dass uns in der heutigen Zeit die künstlerische Tätigkeit von geistig beeinträchtigten Menschen immer noch nicht als selbstverständlich erscheint.[98] Zum Teil wurde und wird die ‚ästhetische Erziehung’ in therapeutischen Fördermassnahmen immer noch gänzlich ausgeklammert. Nicht etwa wegen fehlendem Interesse seitens der Klienten, sondern lediglich, weil das Potential künstlerischer Ausdruckformen in Vergessenheit gerät bzw. im Alltag nicht erkannt wird. So gilt es, die Vielfalt der Talente unter den Menschen mit geistiger Beeinträchtigung zu berücksichtigen und ihnen Raum und ein inspirierendes Umfeld zu schaffen, in dem sie sich frei entfalten und künstlerische Projekte verwirklichen können.[99]

Menschen mit besonderen Bedürfnissen sind daher nicht zuletzt auf die Hingabe der Betreuer und der karitativen Institutionen angewiesen, die ihre Fähigkeiten erkennen und zu schätzen wissen und hierfür die erforderlichen, gestalterischen Rahmenbedingungen – etwa in Form von gut ausgestatteten Kunstateliers und Werkstätten – gewährleisten.[100]

5. ‚Visuelle Kommunikation’ als Mittel zur sozialen Integration: Machbarkeit

    und Grenzen 

Im letzten Kapitel soll nun in übergreifender Weise dargestellt werden, welche Möglichkeiten die ‚Visuelle Kommunikation’ der sozialen Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen eröffnet – handkehrum sollen Grenzen nicht verschwiegen werden, die der ‚Visuellen Kommunikation’ in der Praxis als Integrationsmittel gesteckt sind. Ergänzend zur theoretischen Auseinandersetzung sollen hierbei auch subjektive Anschauungen und Erfahrungen aus meiner sozialpädagogischen Praxis Eingang in die Betrachtung finden. 

5.1 Das 3- stufige Kontakt- und Integrationsmodell

Wie bereits ersichtlich wurde, kann die ‚Visuelle Kommunikation’ entscheidend zur „Intensivierung des Kontaktes zu Andern“[101] beitragen und so das Selbstbewusstsein, die Selbstwertschätzung und die soziale Anerkennung in der Gruppe massgeblich fördern. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass sowohl auf subjektiver, persönlicher Ebene die ‚innere’ Auseinandersetzung angeregt wird, wie auch auf intersubjektiver, interaktiver Ebene eine ‚äussere’, im Sinne einer Kontaktaufnahme zur Aussenwelt, also in erster Linie zu anderen Individuen. Dazu fördert das künstlerisch-kreative Gestalten – insbesondere bei sensitiv und perzeptiv entwicklungsgestörten Klienten mit übermässig stark ausgeprägter Introversion – auch ganz allgemein die Wahrnehmung der Umwelt. So kann der spielerische Umgang mit visuellen Objekten und Kommunikationsverfahren zum Begreifen und zur Einbindung in das Alltagsgeschehen sowie überhaupt zur Verstärkung des Realitätsbezugs beitragen.[102] Saskia Schuppener unterscheidet daher sinnvollerweise drei Ebenen des psychischen Kontaktes:[103]

  • 1. Der Kontakt zur Realität 
  • 2. Der Kontakt zu sich selbst 
  • 3. Der Kontakt zu Anderen  

Künstlerisches Arbeiten kann Personen mit einer geistigen Beeinträchtigung also dabei helfen, den Kontakt zu sich selbst, zu ihrer Umwelt und zu den Anderen intensiver zu erleben. Obwohl Menschen mit einer geistigen Behinderung in kommunikativer Hinsicht und in der sozialen Interaktion zumeist stark beeinträchtigt sind, kann die bildnerisch-gestalterische Tätigkeit demnach zumindest dabei helfen, emotionale Blockaden zu lösen. 

5.2 Wege und Ziele der sozialen Integration: Das Prinzip der Normalisierung

Die Kontaktförderung von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung ist also aufs engste mit der Frage nach sozialer Integration verknüpft. Integration meint im allgemeinen Sprachverständnis „die Vervollständigung eines unvollständigen Ganzen“.[104] Auf die Gesellschaft und deren Umgang mit geistig Beeinträchtigten übertragen, würde das heissen, dass auch jene „integriert“ werden, die durch Beeinträchtigungen gleich welcher Art – seien sie geistiger oder auch motorischer und körperlicher Natur – nicht die Kriterien sogenannter „Normalität“ erfüllen.[105] Entsprechend ist in der modern aufgefassten Sozialen Arbeit häufig vom „Prinzip der Normalisierung“[106]die Rede, das meint, dass sich der Alltag und die Lebensbedingungen der Menschen mit geistiger Beeinträchtigungen möglichst ‚normalisieren’‚ also den Standards der Gesellschaft anpassen sollten. 

Fundamental für die soziale Integration ist laut diesem Grundsatz also, dass auch Menschen mit geistiger Beeinträchtigung das „Anrecht auf eine gleichberechtigte Teilhabe“ am Leben nicht behinderter Menschen haben.[107] Allerdings ist ‚echte’ Integration auf gesellschaftlicher Ebene erst möglich, wenn neben der Gleichberechtigung aller an der Gesellschaft teilnehmenden Individuen ebenso ihre Verschiedenheit akzeptiert ist – vor allem auch bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit.[108]

Gleichwohl fördert das selbstbestimmte Leben in der Gesellschaft und die Teilhabe am sozialen Leben wiederum die Identitätsentwicklung von Menschen mit geistiger Behinderung. Geistig beeinträchtige Menschen lernen also, ihre Fähigkeiten realistischer einzuschätzen und insbesondere auch an „Grenzerfahrungen“ bzw. Erfordernissen der Umwelt zu wachsen.[109]  

Dies kann also mitunter auch als negativ eingestufte, emotional belastende Erfahrungen beinhalten, die aber gleichermassen Anreize zur selbstständigen Problemerkennung und Problembewältigung schaffen. Solch vermeintliche Rückschläge tragen im Idealfall also ebenso zur emotionalen Reifung wie zur Stärkung des Selbstbewusstseins in der sozialen Interaktion bei. 

Insofern würde eine gelungene, geglückte soziale Integration nicht zuletzt bedeuten, dass sich geistig beeinträchtigte Menschen als vollwertige Menschen – nicht nur mit Stärken, sondern gerade auch mit Schwächen – begreifen können. Ein überbehütetes, auf das Behindert-Sein reduziertes Leben gilt es also zu vermeiden – angestrebt soll ganz im Gegenteil eine selbstverantwortliche, sozial aktive Lebensführung, letztlich eine „Normalisierung des sozialen Lebens“.[110]

5.3 Von der Normalisierung hin zur Inklusion

Das ‚Prinzip der Normalisierung’, das ebenso im Leitbild[111] jener Institution verankert ist, bei der ich tätig bin, stellt demnach die gleichberechtigte Teilhabe am Leben nicht beeinträchtigter Mitmenschen ins Zentrum der Bemühungen. In diesem Sinn bedeutet soziale Integration die gesellschaftlich-berufliche Eingliederung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung in das soziale Gesamte. Im Bereich der Behindertenarbeit geht Seibezeder allerdings noch einen Schritt weiter. Er fordert im Einklang mit Theunissen gar einen Paradigmenwandel von der Integration hin zur Inklusion der Menschen mit besonderen Bedürfnissen.[112]

Das Konzept der Inklusion beschreibt demnach, dass Menschen mit geistiger Beeinträchtigung ebenso ein Anrecht darauf haben, eine selbst verantwortete, autonome Existenz zu führen und gleichwertig in die Gesellschaft eingebunden zu sein – also ohne, dass ihre individuellen Defizite dabei als Ausschlusskriterium gelten.[113] Dies hiesse demnach, das auch geistig Behinderte über Entscheidungs- und Handlungsfreiheit verfügen und in allen wesentlichen Lebensbereichen dazu befähigt sein sollten, ein selbst bestimmtes Leben zu führen.[114]

Auch wenn es nicht einfach ist, Menschen mit schweren geistigen Beeinträchtigungen gesellschaftlich  einzubinden, so ist es doch wichtig, diese Menschen in den sozialen Prozess mit einzuschliessen und ihnen damit nach dem Prinzip ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ unter die Arme zu greifen und die individuelle Entwicklung zu fördern. In der sozialpädagogischen Arbeit kommt daher dem „Empowerment-Gedanke“ eine ausserordentliche Bedeutung zu: So sollen geistig beeinträchtigte Menschen dazu ermutigt werden, Probleme und Herausforderungen selbst zu bewältigen.[115] Gemäss dem Leitgedanken des ‚Empowerments’ würden Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen dadurch im Idealfall soweit als möglich an ein selbstständiges, unabhängiges und selbstbestimmtes Leben herangeführt werden. Gemeint ist dabei also in erster Linie das selbstbewusste Leben in der Gemeinschaft, sei es im betreuten Wohnen, in Heimen oder auch am allfälligen Arbeitsplatz. Umso wichtiger ist denn auch die Förderung der individuellen Stärken und die Ausschöpfung der Potentiale von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Vor allem, um sie zu befähigen, sich selbstständig mitzuteilen und sozial einzubringen.[116]

Welche Art der ‚Integration’ bzw. der ‚Inklusion’ aber auch immer theoretisch als gesellschaftliches Idealmodell anvisiert wird – die grundlegenden integrativen Methoden und Massnahmen auf praktischer Ebene bleiben weitgehend dieselben. Alle Begriffe – ob ‚Integration’, ‚Inklusion’ oder auch das ‚Empowerment’ – sind unmittelbar miteinander verknüpft und sind fundamental geprägt von der Idee, dass Menschen mit den unterschiedlichsten geistigen Voraussetzungen, Begabungen und Beeinträchtigungen Raum zu einer Begegnung verschafft wird.[117]

5.4 Künstlerisch-kreative Arbeit als soziales Integrationsmittel: Potentiale und Grenzen

Zweifellos kann das bildnerische Gestalten und ganz allgemein die ‚Visuelle Kommunikation’ als sozialpädaogische Massnahme zur sozialen Interaktion und Integration einen wichtigen Beitrag leisten. Allerdings sind auch der ‚Visuellen Kommunikation’ in der sozialpädagogischen Praxis deutlich Grenzen gesteckt. 

Auch die „Visuelle Kommunikation“ ist kein Allheilmittel und bietet selbstverständlich keine Patentlösung für die Eingliederung von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in die Gesellschaft. Massnahmen zur sozialen Integrationen müssen immer auf das Individuum abgestimmt sein. Immer hängen sie dabei substantiell vom Einzelfall ab, von dessen unterschiedlich stark ausgeprägten geistigen Beeinträchtigung, Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten. Aber genau so auch von den institutionellen Begleitumständen, also insbesondere den finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten im Rahmen der jeweiligen Betreuungssituation. 

Ihre Stärken und ihr Potentiale liegen viel mehr gerade in der Vielfältigkeit und der höchst individuell abstimmbaren Anwendbarkeit. So wirken die therapeutischen Massnahmen der ‚Visuellen Kommunikation’ denn auch mehr im ‚Kleinen’ bzw. tragen in kleinen Schritten dazu bei, soziale Interaktion zu ermöglichen, das Alltagserleben zu erfüllen und zu beleben. Als begleitende Fördermassnahme kann die ‚Visuelle Kommunikation’ und deren künstlerisch-kreative Therapiemöglichkeiten allmählich Fortschritte im Alltag bewirken, das Wohlbefinden steigern und so mithelfen, den Weg zu einem gesunden, sozial angeregten und selbstbestimmteren Leben zu ebnen. 

Für die gesellschaftliche Integration kann deshalb gerade die kreativ-künstlerische Arbeit im Rahmen der ‚Visuellen Kommunikation’ einen förderlichen Beitrag leisten und kann als scheinbar simples, aber höchst wirksames Mittel betrachtet werden. Vor allem auch Seibezeder ist der Überzeugung, dass sich Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung durch die künstlerische Arbeit und je nach ihren besonderen Begabungen und Stärken auch einen Zugang zur gesellschaftlichen Kultur verschaffen können.[118] So verleiht kreatives Gestalten Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen vor allem auch einen persönlichen Ausdruck und begleitet sie im Optimalfall auf dem Weg zur „kulturellen und sozialen Teilhabe“.[119]

Das kreativ-bildnerische Gestalten mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen –  erinnert sei an die Entstehungsgeschichte des Bilderbuchses (vgl. Kapitel 3.4) – deutet also mögliche Wege der Integration an. Das übergeordnete, therapeutische Ziel während der Entstehung des Bilderbuches war es denn auch immer, Raum für gemeinschaftliches Erleben und Begegnung zu schaffen. Das so entwickelte Verständnis sollte Voraussetzung sein für die Entwicklung von Massnahmen zur gesellschaftlichen und kulturellen Integration von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung. 

6. Fazit 

Immer wieder habe ich mich gefragt, was für Möglichkeiten das bildnerische Gestalten Menschen mit geistiger Beeinträchtigung bietet und worin denn nun das offenbar Besondere im alltäglichen, gemeinsamen Kunstschaffen und -erleben besteht. 

Zum Schluss bleibt deshalb vor allem eines festzuhalten: Die äusserst vielfältigen Therapieansätze im Rahmen der ‚Visuellen Kommunikation’ haben auf mindestens ebenso vielfache Weise positiven Einfluss auf das körperliche und seelische Empfinden; sie kann letztlich sogar sinnstiftend auf das Leben von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung wirken. So bereichert die kreativ-gestalterische Aktivität vor allem das Leben und den Alltag von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung mit einer erfüllenden Tätigkeit. Genuss und gemeinsames Erleben stehen im Vordergrund, so dass im Sinne der integrativen Fördermassnahmen nicht zuletzt die „Gemeinschaftsfähigkeit“ angeregt wird.[120] Dazu stellt die ‚Visuelle Kommunikation’ – aber auch die Kunst und das bildnerische Gestalten an sich  – letztlich ein Medium dar, mit dem sich Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung in „selbst-aufwertender Form“[121] beschäftigen können. 

So durfte auch ich in meiner alltäglichen Arbeit im Bereich des kreativen Gestaltens mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen miterleben und einsehen, wie die Auseinandersetzung mit künstlerischen Prinzipien, Methoden und  gestalterischen Verfahren oft unmittelbar in eine Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Ich umgeschlagen ist und gleichzeitig Selbsterleben, Selbstausdruck, Selbsterkenntnis und manchmal sogar Selbstbefreiung ermöglicht hat. Die ‚Visuelle Kommunikation’ kann also Menschen mit besonderen Bedürfnissen helfen, sich auszudrücken und mitzuteilen. Damit kann das künstlerische Gestalten und Zusammenerleben im Betreuungsverhältnis wie auch in der Gruppe ebenso ein Mittel der sozialen Interaktion sein. Die ästhetischen, ichbezogenen und kommunikativen Dimensionen des Gestaltens gehen also fliessend ineinander über und werden Bestandteile eines Prozesses, in dem sich Begegnungen mit dem eigenen Selbst ereignen, weiterentwickeln und sich gegenseitig geradezu herausfordern. 

Potential und Grenzen der ‚Visuellen Kommunikation’? Es stellt sich letztlich die Frage: Wie können Klienten durch die ‚Visuelle Kommunikation’ möglichst gut unterstützt und gefördert werden. Vor allem bin ich überzeugt davon, dass sich mit einfachen Gestaltungsansätzen solche Prozesse des Selbsterlebens leichter in Gang setzen lassen. Auch wenn die Aufgaben immer von den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Klienten her zu entwickeln sind, kann man dabei nie voraussehen, was sich an kreativen Handlungen und Aktionen entwickeln und an inneren Vorgängen bei den Beteiligten ereignen wird. Was zählt ist also der kreative Impuls – was daraus entsteht, ist von Fall zu Fall höchst unterschiedlich und bedarf immer unterschiedlicher Richtungsmassnahmen. Wir müssen bedenken: Es gibt keinen allgemeinen Wegweiser, um das Ziel der (künstlerischen) Persönlichkeitsentfaltung zu erreichen. 

7. Bibliographie

Literaturverzeichnis  

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– Otl Aicher, Vorwort. Visuelle Kommunikation. Versuch einer Abgrenzung, in: Anton Stankowski; Karl Duschek (Hg.), Visuelle Kommunikation. Ein Design-Handbuch, 1. Auflage, Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 1989, S. 8-11.

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– Ursula Braun, Was ist Unterstützte Kommunikation?, in: Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation (Hg.), Handbuch der Unterstützten Kommunikation, 2. Auflage, Karlsruhe: Von Loeper, 2008, S. 01.003.001-01.005.001. 

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– Wolfgang Breul, Elektronische Kommunikationshilfen – Ein Überblick, in: Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation (Hg.), Handbuch der Unterstützten Kommunikation, 2. Auflage, Karlsruhe: Von Loeper, 2008, S.  04.005.001-04.007.001. 

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– Regina Humbert, Geistig behindert und kreativ, in: Haus der Lebenshilfe Braunschweig (Hg.), Kunstatelier Lebenshilfe Braunschweig, Braunschweig: Oeding Druck und Verlag, 2002. 

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– Otto Marmet, Ich und du und so weiter. Kleine Einführung in die Sozialpsychologie, 3. Auflage, Basel: Beltz Verlag, 1999. 

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– Abraham Moles, Einleitung, in: Anton Stankowski; Karl Duschek (Hg.), Visuelle Kommunikation. Ein Design-Handbuch, 1. Auflage, Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 1989. 

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– Anita Portmann, Wenn mir die Worte fehlen: eine Begriffs- und Gebärdensammlung für Menschen mit einer geistigen Behinderung, die sich mit Hilfe der Lautsprache nicht oder nur ungenügend verständigen können, Luzern: Verein Projekt „Wenn mir die Worte fehlen“, 2008. 

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– Hans-Günter Richter, Kunst und visuelle Medien, in: Gustav Kanter (Hg.), Handbuch der Sonderpädagogik, Band 4: Pädagogik der Lernbehinderten, Berlin: Carl Marhold, 1977, S. 398. 

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– Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden. Störungen und Klärungen, Allgemeine Psychologie der Kommunikation, 48. Auflage, Reinbek: Rowohlt Verlag, 2010, S. 26-29.

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– Saskia Schuppener, Selbstkonzept und Kreativität von Menschen mit geistiger Behinderung, Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, 2005. 

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– Horst Suhrweier, Geistige Behinderung. Psychologie, Pädagogik, Therapie, 1. Auflage, Neuwied: Luchterhand, 1999.

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– Christian Seibezeder, Kunst kennt keine Behinderung? Bildende Kunst geistig beeinträchtigter Menschen als ein Beitrag zur gesellschaftlichen Inklusion im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz, Saarbrücken: Vdm Verlag Dr. Müller, 2010, S. 11.

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– Arvid Spiekermann, Grundsätzliches und Spezielles über elektronische Kommunikationshilfen, in: Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation (Hrsg.): Handbuch der Unterstützten Kommunikation, 2. Auflage, Karlsruhe: Von Loeper 2008, S. 04.003.001- 04.004.001. 

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Quellen aus dem Internet

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– Frank Barth, Theorie der visuellen Kommunikation, Verfasst 2008: http://www.frankbarth.de/fileadmin/Skripte/VisKomTheo_MH02kurz.pdf, Gelesen am 27.10.2012. 

SCHILBLI 2009 

– Peter Schibli, Gewaltfreie Kommunikation nach Marschall B. Rosenberg, Verfasst 2009:  http://www.tags.ch/paed/gewaltfreiekommunikation.pdf, Gelesen am 28.11.2012. 

BERNER FACHHOCHSCHULE 2012

– Lehrplan ‚Visuelle Kommunikation’ der Berner Fachhochschule, Verfasst 2012:  http://www.bfh.ch/studium/bachelor/design_musik_theater_und_andere_kuenste/visuelle_kommunikation.html, Gelesen am 29.11.2012. 

8. Anhang 


[1] In dieser Arbeit verwende ich ausschliesslich die männliche Form, die für beide Geschlechter gilt.

[2] So zum Beispiel im Lehrplan für ‚Visuelle Kommunikation’ der Berner Fachhochschule 2012: http://www.bfh.ch/studium/bachelor/design_musik_theater_und_andere_kuenste/visuelle_kommunikation.html, Gelesen am 29.11.2012. 

[3] Vgl. Frank Barth, Theorie der visuellen Kommunikation, S. 7, Verfasst 2008: http://www.frankbarth.de/fileadmin/Skripte/VisKomTheo_MH02kurz.pdf, Gelesen am 27.10.2012. 

[4] Moles 1989, S. 11. 

[5] Theunissen 2004, S. 72. 

[6] Ebd., S. 73. 

[7] Vgl. Richter 1977, S. 398, zit. n. Theunissen 2004, S. 75. 

[8] Ebd., S. 398, zit. n. Theunissen 2004, S. 73.  

[9] Theunissen 2004, S. 72. 

[10] Ebd., S. 80. Der Begriff und das Konzept der „ästhetischen Erziehung“ geht ursprünglich auf die Heilpädagogen Jan Daniel Georgens (1823-1886) und Heinrich Marianus Deinhardt (1821-1880) zurück vgl. ebd., S. 50. Dazu ihr Standardwerk aus dem 19. Jahrhundert: Jan Daniel Georgens; Heinrich Marianus Deinhardt, Heilpädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Idotie und Idiotenanstalt zur Heil- und Sonderpädagogik, Leipzig 1861.  

[11] Theunissen 2004, S. 72. 

[12] Vgl. Ebd., S. 72.

[13] Schuppener 2005, S. 271.

[14] Vgl. Ebd., S. 271.

[15] Vgl. ebd.

[16] Zur Bestimmung des Begriffs des ‚Graphischen Designs’ bzw. Mediendesigns gegenüber dem der „Visuellen Kommunikation“  vgl. Aicher 1989, S. 8-11. 

[17] Vgl. ebd., S. 9; Barth 2008, S. 42.

[18] Vgl. Marmet 1999, S. 11. 

[19] Vgl. ebd., S. 12.

[20] Vgl. ebd., S. 18. Für die folgende Aufzählung vgl. ebd. 

[21] Peter Schibli, Gewaltfreie Kommunikation nach Marschall B. Rosenberg, Verfasst 2009:   http://www.tags.ch/paed/gewaltfreiekommunikation.pdf, Gelesen am 28.11.2012. 

[22] Ebd. Für den folgenden Abschnitt bzw. die Erläuterung der „Vier Schritte“ vgl. ebd. 

[23] Marmet 1996, S.20-21; Vgl. für die folgende Aufzählung auch: Schulz von Thun 2010, S. 26-29. 

[24] Schulz von Thun 2010, S. 26.

[25] Vgl. Barth 2008, S. 6. 

[26] Ebd., S. 7. 

[27] Vgl., Suhrweier 1999, S. 179.

[28] Vgl., S. 178.

[29] Vgl., S. 179.

[30] Vgl. Braun 2008, S. 01.003.001. 

[31] Vgl. Braun 2008, S. 01.003.001. 

[32] Vgl. Portmann 2008, S. 11.

[33] Vgl. ebd., S. 11.

[34] Vgl. ebd., S. 12. 

[35] Ebd., S.12. 

[36] Vgl. Hüning-Meier 2008, S. 03.003.001. 

[37] Vgl. ebd., S. 03.005.001.

[38] Vgl. Breul 2008, S. 04.005.001. 

[39] Spiekermann 2008, S. 04.003.001.

[40] Ebd., S. 04.003.001. 

[41] Theunissen 2004, S. 92.

[42] Vgl. Barth 2008, S. 16. Erinnert sei in diesem Zusammenhang etwa an Verkehrszeichen oder auch Spielkarten. 

[43] Theunissen 2004, S. 92.

[44] Vgl. ebd., S. 92.

[45] Vgl. ebd., S. 92.

[46] Ebd., S. 98. 

[47] Ebd., S. 98. 

[48] Ebd., S. 92. 

[49] Vgl. ebd., S. 92. 

[50] Vgl. Seibezeder 2010, S. 10.  

[51] Theunissen 2004, S. 101. 

[52] Vgl. ebd, S. 101. 

[53] Ebd., S. 101. 

[54] Vgl. ebd., S. 55.  

[55] Ebd., S. 87. 

[56] Vgl. ebd., S. 88.

[57] Vgl. ebd., S. 98. 

[58] Ebd., S. 89.

[59] Ebd., S. 89. 

[60] Vgl. ebd., S. 89.

[61] Vgl. ebd., S. 89.

[62] Vgl. ebd., S. 89.

[63] Vgl. Seibezeder 2010, S. 46.

[64] Theunissen 2004, S. 104.

[65] Vgl. ebd., S. 89; Seibezeder 2010, S. 46.

[66] Vgl. Georgens/Deinhard 1861, S. 353, zit. n. Theunissen 2004, S. 56.

[67] Vgl. Theunissen 2004, S. 58. 

[68] Georgens/Deinhard 1861, S. 353, zit. n. Theunissen 2004, S. 56.

[69] Vgl.Theunissen 2004, S. 42.

[70] Vgl. Seibezeder 2010, S. 42.

[71] Vgl. ebd., S. 42.

[72] Trotzdem: Die Menschen mit besonderen Bedürfnissen, mit denen ich gearbeitet habe, fingen, sobald Farbe, Pinsel und Papier bereitgestellt waren, ohne zu zögern an zu malen. KLIENTEN? 

[73] Schuppener 2005, S. 251. 

[74] Ebd., S. 138-139.

[75] Humbert 2002, S. 43, zit. n. Schuppener 2005, S. 139. 

[76] Schuppener, 2005, S. 139.

[77] Vgl. ebd., S. 139. 

[78] Theunissen 2004, S. 92. 

[79] Schuppener 2005, S. 139.

[80] Ebd., S. 139. 

[81] Ebd., S. 139.

[82] Ebd., S. 261. 

[83] Ebd., S. 261.

[84] Ebd., S. 261.

[85] Ebd., S. 261.

[86] Ebd., S. 261.

[87] Ebd., S. 261.

[88] Ebd., S. 262. 

[89] Ebd., S. 262.

[90] Ebd., S. 262. 

[91] Ebd., S. 139. 

[92] Vgl. ebd., S. 262. 

[93] Zur Geschichte der ‚Art Brut’ und ‚Outsider Art’ vgl. Seibezeder 2010, S. 32-35.

[94] Schuppener 2005, S. 138.

[95] Seibezeder 2010, S. 33-34.

[96] Vgl. ebd., S. 33.

[97] Ebd., S. 28.

[98] Vgl. ebd., S. 44.

[99] Vgl. ebd., S. 44.

[100] Vgl. ebd., S. 44.

[101] Schuppener 2005, S. 271.  

[102] Vgl. ebd., S. 271.  

[103] Ebd., S. 271. 

[104] Ebd., S. 50.

[105] Ebd., S. 50.

[106] Ebd., S. 45. Der Normalisierungs-Gedanke wurde in den 1950er Jahren von Nis Bank-Mikkelsen entwickelt und beinhaltet im Wesentlichen acht Lebensbereiche, die es zu ‚normalisieren’ gelte: Den Tages-, Wochen-, und den Jahresablauf, die Erfahrungen eines Lebenszyklus, den Respekt, das Leben in der zweigeschlechtlichen Welt, den Lebensstandard und die Umweltbedingungen vgl. ebd. S. 45. 

[107] Ebd., S. 50.

[108] Ebd., S. 50.  

[109] Ebd., S. 50.

[110] Ebd., S. 50.

[111] Auszug aus dem Leitbild ‚insieme oberwallis’: „Jeder Mensch ist einmalig und hat das Recht auf Selbstbestimmung, Persönlichkeitsentwicklung, Partizipation im Alltag und in der Gesellschaft, auf Achtung und Integrität, auf Autonomie und Mitsprache. Für diese Rechte setzen wir uns auch in  der Öffentlichkeit ein. Wir orientieren uns: 

    – an den Anliegen der Menschen mit besonderen Bedürfnissen

    – an den Vorgaben der Auftraggeber

    – an den Entwicklungstendenzen in unseren Fachbereichen

    – am Integrations- und Normalisierungsprinzip“

http://www.insieme-oberwallis.ch/verein/flyer-leitbild.pdf, Gelesen am 27.12.2012.

[112] Vgl. Seibezeder 2010, S. 13; Theunissen 2006, S. 62. 

[113] Vgl. Seibezeder 2010, S. 19.

[114] Vgl. ebd., S. 18.

[115] Vgl. ebd., S. 18-19; Theunissen 2004, S. 155.

[116] Vgl. Theunissen 2004, S. 155.

[117] Vgl. Seibezeder 2010, S. 16.

[118] Vgl. Seibezeder 2010, S. 46.

[119] Ebd., S. 46.

[120] Theunissen 2004, S. 55.

[121] Schuppener 2005, S. 261.